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Der typische Landschaftspfleger? – Er fühlt sich an der frischen Luft wohl. Er hat ein dickes Fell, das ihn vor Wind und Wetter schützt. Und: Er mag Gras und anderes Grün, in das er gerne genüsslich beißt. Mit 700 Landschaftspflegern im Donauries. Von Nadine Ormo.
Gut 700 dieser Landschaftspfleger, Deutsche Merinoschafe, sind gemeinsam mit Steffi Regel im nördlichen Donauries unterwegs. Jetzt, im Frühling, sind besonders viele Lämmer dabei. „Die meisten werden bei uns um Pfingsten herum geboren“, erzählt die 27-jährige Schäferin. Am Dorfrand des Örtchens Hainsfarth, wo Steffi wohnt, ist der große Schafstall. Doch dort stehen die Schafe eigentlich nur im Winter. „Den Großteil des Jahres, so um die acht Monate, sind wir mit den Tieren auf unseren Weiden.“
Kulturlandschaft Donauries
Schafe und Donauries gehören eng zusammen. Über Jahrhunderte hat der Mensch hier eine reizvolle Landschaft geschaffen; viele Flächen sind heute unter Schutz gestellt. Das Landschaftsbild der nordschwäbischen Region ist geprägt von offenen Flächen mit Magerrasen, die als besonders schützenswert gelten. Denn besonders viele Tiere und Pflanzen tummeln sich hier und tragen zu einer großen Artenvielfalt bei.
Diese Flächen gehören oft den Gemeinden oder Schutzgemeinschaften, deren Aufgabe es ist, die Landschaft zu pflegen. „Wir pachten die Gebiete und übernehmen mit unseren Schafen diese Landschaftspflege. Die Schafe halten dann das Gras kurz und somit die Landschaft offen“. Der Vorteil: „Ganz nüchtern betrachtet kann man sagen, dass es deutlich günstiger ist, wenn wir uns mit unseren Tieren um die Grünflächen kümmern. Außerdem: Mit all den Hügeln und Unebenheiten, Sträuchern und Bäumen – das wäre anders, mit einem elektrischen Rasenmäher oder so, gar nicht zu machen.“
Und: Die Schafe sind aus dem Landschaftsbild und daher auch für den Tourismus kaum wegzudenken. Vor allem an den Wochenenden sind viele Ausflügler auf den Beinen. „Irgendeiner zückt da immer die Kamera, wenn wir mit unseren Hunden und Schafen unterwegs sind“, schmunzelt Steffi.
Ganz ohne Romantik: Traumberuf Schäferin
Und unterwegs ist die junge Schäferin viel in ihrem Weidegebiet, dem Oettinger Rossfeld: Gut 100 Hektar Weideland im Umkreis von etwa 30 Kilometern nutzt und pflegt sie mit ihren Tieren. „Viele unserer Schafweiden sind wie Perlen an einer Kette aufgereiht, da kommen ganz schöne Entfernungen zusammen, die wir mit den Tieren im Laufe des Sommers ablaufen.“
Steffi liebt ihre Arbeit. Von klein auf hat sie mitbekommen, was es heißt, Schafe zu haben. Viele Schafe: Vater Klaus hat vor 35 Jahren ein erstes Schaf gekauft. Neben seinem eigentlichen Job hat er die Herde im Laufe der Jahre stattlich auf mehrere hundert Tiere anwachsen lassen. Steffi erinnert sich: „So mit dreizehn, vierzehn war für mich klar: Das mit der Schäferei, das wollte ich machen!“ An diesem Wunsch hielt sie fest. Nach der Schule absolvierte sie die dreijährige Ausbildung und machte im Anschluss ihren Meister. Als dann der Oettinger Schäfer Osswald verstarb, übernahm sie auch dessen 200 Tiere.
Schäfer zu sein ist für eine Frau wie eh und je außergewöhnlich. Doch, ganz ohne romantische Verklärung: Steffi könnte sich nichts Schöneres vorstellen, als mit den Tieren an der frischen Luft zu sein. Dabei ist der Tagesablauf fest geregelt: Morgens fährt sie hinaus und lässt die Schafe auf die Weide, wo die hungrigen Mäuler innerhalb von zwei, drei Stunden alles kurzmähen. Vier Hütehunde passen auf, dass die Schafe dabei von Feldern und Straßen fern bleiben. Gegen Mittag kommen die Tiere kurz in den Ferch und für Steffi geht’s zurück nach Hause, zu ihrer dreijährigen Tochter. Die zweite Weideschicht, am Nachmittag, übernimmt ihr Vater. „ Wir arbeiten da in der Familie sehr eng zusammen. Anders würde das gar nicht funktionieren.“
Im Donauries, wie auch anderswo in Deutschland, geben immer wieder vor allem kleinere Schäfereien auf. „Für uns Schäfer ist die intensive Landwirtschaft ein großes Problem. Vor allem in den letzten zehn Jahren hat sich das gezeigt: Wir stehen plötzlich in Konkurrenz um Flächen, die früher kaum jemanden interessiert haben. Jetzt aber, da allerorts Energiepflanzen für Biogasanlagen angebaut werden, explodieren die Pachtpreise förmlich.“
Im sommerlich-warmen Spätnachmittagslicht schweift der Blick über die idyllisch erscheinende Schafweide und die angrenzenden Getreidefelder. Die Gedanken kreisen und einmal mehr wird deutlich: „Landschaft“ ist immer auch eine politische Entscheidung. Einzig Steffis Merino-Schafen ist das egal. Sie werden sich, solange sie dürfen, weiterhin jeden Tag genüsslich und mit voller Hingabe um die ihnen anvertraute Landschaft kümmern.
Mehr über die Schafe in der Landschaftspflege
Bei der Heide-Allianz Donauries dreht sich alles um Artenvielfalt und Hüteschäferei in der Region. Im bayerischen Bündnis „Kulturlandschaft braucht Schafe“ haben sich 2015 u.a. Schäfer, Landschaftspfleger, das Umweltministerium und weitere Interessensgruppen zusammengefunden, um bessere Perspektiven für die Schäferei zu entwickeln.