Knapp neben dem romantischen Seewisee liegt die Memminger Hütte im Herzen der Lechtaler Alpen. Sie ist ein wichtiges Etappenziel auf dem E5 Oberstdorf-Meran, bietet aber auch attraktive Gipfel-Möglichkeiten.

Die Memminger Hütte haben wir zwar leider noch nicht selbst besucht, werden das aber bald ändern.

„Steckbrief Memminger Hütte“

Geöffnet:

Mitte Juni bis Ende September

Übernachtung:

5 Räume mit 24 Zimmerlagern und 100 Matratzenlagern, offener Winterraum mit 16 Lagern.

Hüttenwirt:

Manuel Walch, Grünau 17
A-6652 Elbigenalp/Tirol
Tel:0043/(0)5634 62 08,
Mail: [email protected]

Web: http://www.memminger-huette.at

Eigentümer:

DAV-Sektion Memmingen, Allgäuer Straße 24, 87700 Memmingen
Tel: 08331/5258 , Mail [email protected]

Anfahrt:

Von Reutte (Bahnhof) ins Lechtal bis nach Bach (1060 m), Busverbindung

Aufstieg:

Von Bach auf dem E5/632 durchs Madau-und Parseiertal zur Talstation der Materialseilbahn (ca. 1440 m , 10km, 2-3 Stunden) Von dort am Seewiwasserfall vorbei in 2 bis 2,5 Stunden zur Memminger Hütte)

Übergänge:

  • Augburger Hütte (2.289 m) über Spiehlerweg (633), 5 Stunden, schwere Bergtour, einige Sicherungen, wildes Steilgelände
  • Württemberger Haus (2.220 m) über Großbergspitze (2.675 m, Weg 601). Mittelschwere Bergtour, kurze Drahtseile.
  • Württemberger Haus über Oberlamsjoch, Rölltal und Leiterjöchl (Weg 621 und 631); schwierig, 6 bis 7 Stunden.
  • Zams (767 m) auf dem E5 (631) über Seescharte und Zammer Loch (rot), 4 bis 5 Stunden.
  • Ansbacher Hütte (2.376 m) über Parseiertal und Grießlscharte (E 4-601). Schwierig (schwarz), Drahtseile, oft Altschneefelder, 5 bis 6 Stunden.

Gipfel:

  • Seekogel (2.412 m), grasiger Steig (blau) bei Nässe sehr rutschig, 30 Minuten
  • Hinterer Seekopf (2.718 m) über Wegscharte (rot, 1,5 bis 2 Stunden), Weiterweg zum Mittleren (2.702 m) und Vorderen Seekopf (2.685 m) teils felsig (schwarz) mit Abstieg zum oberen Seewisee, 3 bist 4 Stunden.
  • Oberlahmspitze (2.658 m), höchster Grasberg der nördlichen Kalkalpen, gesicherter Steig (schwarz) aus dem Oberlahmsjoch, 1,5 bis 2 Stunden.
  • Parseierspitze (3.036 m) über Südwandroute 5 bis 6 Stunden. Alpine Kletterei mit steilem Schneefeld, nicht abgesichert, teils steinschlaggefährdet. Oder Ostgrat aus der Patrolscharte, alpine, teils brüchige Klettterei.
  • Freispitze (2.884 m) über Parseiertal, Schafgufel und Freispitzscharte (sehr alpin, steile Schrofen) 5 Stunden.
  • Freispitze über Jägerrücken und Ostgrat. Extrem steile Grasflanken, Fleckenmergel, alpin sehr schwierig, 7 Stunden.

Karte:

AV-Karte 1:25.000, Blatt 3/3, Lechtaler Alpen – Parseierspitze

Führer:

  • Dieter Seibert: Lechtaler Alpen, Bergverlag Rother
  • Dieter Elsner, Michael Seifert: Skitourenführer Lechtaler Alpen, Panico Verlag

 

Infos und Geschichte der Memminger Hütte

Anlässlich des 125 jährigen Jubiläum der Memminger Hütte erschien im Magazin „DAV Panorama“ 06/2011 nachfolgender Artikel von Norbert Kloiber den ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Einweihung 1886

Memminger Hütte von obenDie Königsmutter hatte sich nicht lumpen lassen: Ein Fass Augustiner und einen Schinken spendierte Ihre Königliche Hochheit Marie von Bayern zum festlichen Anlass; die Hammerschläge des Anzapfens und Böllerschüsse durchdröhnten die Hochgebirgslandschaft am Seewisee; Fahnen und Girlanden schmückten ein kleines Hüttchen, das zwischen Parseier- und Freispitze eingeweiht wurde an diesem 12. August 1886.
So ganz selbstverständlich war es ja nicht, das die Sektion Memmingen des damaligen Deutschen und Österreichischen Alpenvereins diese Hütte über dem Madautal, im Herzen der Lechtaler Alpen, hatte bauen können.
Der Zentralausschuss des DuOeAV hatte sie darum gebeten, um einen Etappenstützpunkt zwischen dem Lechtal und der kurz vorher gebauten Augsburger Hütte zu schaffen. Aber wenn einem Kostenvoranschlag von 4.000 Mark ein Kontostand von neun Pfennigen gegenübersteht, ist das nicht so leicht.

Gute Verbindungen

Wie praktisch, wenn man Verbindungen zur Politik hat! Der Sektionsvorsitzende Anton Spiehler, Pionier und Erschließer der Lechtaler Alpen, übernachtete üblicherweise in der „Wirtschaft zur Post“ in Elbigenalp – genau wie die bergbegeisterte Marie von Bayern, die gerne hier wanderte.

Blick auf Memminger Hütte von Osten mit SeewiseeAus dem freundschaftlichen Kontakt ergaben sich kurze Wege ins Ohr der Macht, die Königinmutter unterstützte das Vorhaben, und nach Lösung diverser Finanzierungsprobleme wurder der Hüttenbaumeister Apollon Scheidle aus Obergiblen beauftragt, die Memminger Hütte zu errichten. Baubeginn war im Mai 1886, und schon drei Monate später stieg das Einweihungsfest. Die „Gedingstatt“ Zams im Inntal hatte der Sektion das Grundstück überlassen gegen die Bedingungen, den Grund nicht weiterzuverkaufen, das Weiden nicht einzuschränken und für Schäden durch Weidevieh keinen Ersatz zu beanspruchen.

Nun stand das kleine, einräumige Häuschen – die Heulager im Dachboden waren von außen per Leiter zugänglich – auf seinem Prachtplatz: knapp über dem kitschig blauen, von Wollgras umwucherten Seewisee, über dem graue Kalkgipfel aufragen; jenseits des Parseiertals geprägt von der zackigen Freispitze.
Die ursprüngliche gewünschte Anbindung an die Augsburger Hütte stellte im Jahr darauf der nach dem Sektionschef benannte „Spiehlerweg“ her, ein wilder alpiner Steig durch eine höllensteile Schrofenflanke direkt unter der Parseierspitze.

Der höchste Lechtaler Gipfel und einzige Dreitausender der Nördlichen Kalkalpen ist noch heute das bergsteigerische Paradeziel der Hütte – ein ernster alpiner Anstieg in verblüffend schönem Fels.

Der Standort bewährte sich; schon 1905 wurde eine Erweiterung fällig. Bis 1907 wurde die Hütte im Selbstversorgerprinzip betrieben, die Wirtsleute vom „Gasthof zur Gemse“ in Zams trugen regelmäßig Getränke und Warenkörbe hinauf. Erst 1907 bewirtschaftete in den Sommermonaten eine Pächterin die Hütte: Hermine Frey, eine Tochter des legendären Holzgauer Berführers Josef Frey.

Während des Ersten Weltkriegs blieb die Memminger Hütte zwar als einzige der Lechtaler Alpen geöffnet, aber wenig besucht. Erst in den 1920er Jahren lief der Betrieb wieder an, und von 1923 bis 1925 gab es den nächsten Erweiterungsbau. Ein Freundestrupp um Ludwig Kurringer und Karl Hämmerle transportierte – heute unvorstellbar – das gesamte Baumaterial per Rucksack von Oberstdorf über Mädelejoch, Holzgau und Madautal zum Seewisee und erweiterte die Hütte von 25 auf sechzig Schlafplätze. Vier Jahre später wurde im Auslauf des Sees eine Francis-Turbine installiert, deren Strom den romantischen Kerzen den Docht abdrehte. 1939 wurden Küche und Sanitäranlagen erweitert und ein Mulistall für die Hüttenversorgung gebaut – dann kam der Krieg.

Ein neues Gesicht

Erst 1950 konnten wieder einige Sektionsmitglieder ihre nach dem Krieg beschlagnahmte Hütte besuchen; dank sorgfältiger Treuhänder hielten sich die Schäden in Grenzen. Dennoch war etliches zu reparieren, als 1956 das Haus zurück gegeben wurde.

Umfassende Renovierungs-, Erweiterungs-, und Ausbauarbeiten wurden geplant. Am 28.Juni 1958 begann der Grundaushub, am 2. Juli wurden – erstmals in der Vereinsgeschichte – die gesamten 30 Tonnen Baumaterial per Heli angeflogen, und schon im Herbst war alles fertig. Im Juli 1959 wurde die erweiterte Hütte eingeweiht;  sie hatte eine neues Gesicht, den zweiten Giebel über dem neuen Westflügel. 1961, vor über 50 Jahren, bekam sie nach Anlage einer Quellfassung auch fließendes Wasser.

Umgebung und Bergtouren rund um die Memminger Hütte

Seewisee in direkt neben der Memminger HütteWasser prägt die Umgebung der Hütte: Der untere Seewisee, wo im Sommer Zamser Haflinger weiden, lädt zu romantischen Abendstunden am Ufer oder zu einem (sehr) erfrischenden Bad an heißen Sommertagen.

Zwanzig und dreißig Minuten bergauf liegen seine kleinen Brüder: Der Mittlere Seewisee schmieg sich in eine felsige Schlucht, der Obere Seewisee ruht in einem stillen Karkessel, keck überragt vom Seeköpfle mit seiner steilen Westwand, dem man verblüffend leicht auf einem Steig zu Kopfe steigen kann.

Eine nette alpine Wanderung ist die Überschreitung der drei Seeköpfe, die das oberstes Seebecken überragen – noch relativ leicht der erste, dann immer felsiger, mit rasanter Tiefschau ins Parseiertal und prüfenden Blicken zur stotzigen Parseierspitze.

Alpin anspruchsvolle Besucher finden in ihr ein befriedigendes Ziel, mit logischer Fortsetzung über die Augsburger Hütte, den markigen Augsburger Höhenweg zur Ansbacher Hütte und der Kalknadel der Freispitze als heiklem Höhepunkt.

Die Freispitze, unter Kletterern berühmt für ihre fantastisch rauen Südwandrouten, kann auch als ernster alpiner Schlusspunkt eines Hüttenaufenthalts dienen: Nach steilem Abstieg ins Parseiertal warten am „Jägerrücken“ haarsträubende Grashänge, am Südwestgrat spannende Mergelschrofen. Aber auch wer die Memminger Hütte „nur“ als Etappenziel des E5 kennenlernt, wird belohnt: Der halbstündige Verdauungsausflug auf den Seekogel verspricht unvergessliche Mußestunden mit Panoramablick.

Luftige Geschichten

So lässt sich etwa rechts der Freispitze die Saxer Wand lokalisieren, Heimat der berühmten „Geierwally“: Unter dem Gipfel der Saxer Wand sei ein Adlerhorst gewesen, so heißt es, dessen Bewohner ihren Speisezettel immer mal wieder mit einem knackigen Lamm von den Almweiden ergänzt hätten. Bis das 17-jährige Mädel Anna Stainer-Knittel den Horst ausgeräumt habe – während die Männer sich nicht trauten. Die Geschichte wurde zum Keim eines heimatrünstigen Romans von 1875, als Theaterstück kehr die Wally jedes Jahr auf die Freilichtbühne Elbigenalp zurück.
Realere Naturwunder lassen sich auch auf dem Seekogel bestaunen. Vor einigen Jahren wurden im Hüttengebiet Steinböcke angesiedelt, die sich mittlerweile zu einer stattlichen Herde vermehrt haben. Manchmal ziehen sie in den frühen Abendstunden still äsend an der Memminger Hütte vorbei; der grasbewachsene Gipfel des Seekogels ist ihr bevorzugter Ruheplatz.

Hütten sind für Bergsteiger wertvolle Stützpunkte und für ihre Besitzer liebevoll gepflegte Objekte der Fürsorge und Identifikation – aber sie bedeuten auch ständig Arbeit, Sorgen und Organisation. Wenn die Memminger Hütte heute komfortabel und modern dasteht, mit gut 120 Schlafplätzen, modernster Küche, zweckmäßigen Sanitärräumen und gemütlichen Stuben, dann ist das nur eine Zwischenstufe in einem laufenden Prozess. Der sich ergibt aus Weiterentwicklungen der Technik, Behördenvorschriften zu Ver- und Entsorgung und aus der Zunahme der Wanderer, die auf dem immer beliebter werdenden E5 Oberstdorf-Meran hier einkehren.

Einige Spitzlichter dieser Historie:

  • 1965 wurde die Weggenossenschaft Parseiertal gegründet und der Talweg befahrbar ausgebaut, so dass 1969 eine Materialseilbahn die Mulis in Rente schicken konnte.
  • 1975 bekam die Hütte Ihren dritten Giebel, einen Anbau für Küche und Personalräume
  • 1977 eine erste biologische Drei-Kammer-Kläranlage
  • 1982 entstand die Winterraumhütte, die Ski- und Wintertouristen außerhalb der Bewirtschaftungszeit Platz bietet.
  • 1995 gab die Stromturbine ihren Geist auf, wurde durch eine Pelton-Turbine ersetzt und ins Alpine Museum des DAV verfrachtet, wo sie Memminger Besucher mit einem nostalgischen Quietschen grüßt.
  • 1996 wurde die Kläranlage durch eine Abwasserreinigungsanlage ersetzt, die als Pilotanlage vom DAV gefördert und 2003 erweitert wurde.

2003 war auch das Jahr, in dem die Sektion Memmingen ihr größtes Bauprojekt abschloss: Die Österreichischen Brandschutzauflagen ließen sich nur erfüllen in dem der Nordtrakt der Hütte abgerissen und neu gebaut wurde.

Beraten von den Experten des DAV-Hauptvereins, unterstützt vom Freistaat Bayern, diversen Sponsoren und mit unzähligen ehrenamtlichen Arbeitsstunden, erhielt die Hütte ihr heutiges Gesicht – das freilich auch wieder nur ein Schritt ist auf ihren Weg durch die Zeit.

Vererbte Berufung

Der seinerseits von Beständigkeit geprägt ist. Wie auf vielen Alpenvereinshütten war auch auf der Memminger das Hüttenwirtsdasein eine quasi vererbliche Berufung.
Der Name Frey zieht sich von 1907 (Hermine) über Fridolin, ein manchmal kauziges, aber immer humorvolles Lechtaler Original, bis zu seiner Tochter Gretel.

Seit 1976 läuft die Walch-Dynastie: Helga und Anton Walch führten die Hütte bis 2002, dann übergaben sie an ihren Enkel Manuel. Der setzt, um seinen Gästen „schöne und unbeschwerte Tage in den Bergen“ zu bereiten, unter anderem auf frisches, gutbürgerliches Essen mit Zutaten aus der Region: selbst gebackene Kuchen, Käse und Joghurt von der Käserei Sojer in Steeg, Ziegenkäse vom Biobauern, Speck von der Metzgerei Sonnweber in Stanzach. Und der Salat, Kräuter und Zwiebeln wachsen im eigenen Garten heran.

Mit seinem engagierten Team ist Manuel Walch auch Sturmtagen gewachsen. Denn mit ihrer Lage an den vier Fernwanderwagen E5, E6, Via Alpina (gelbe Route) und Adlerweg (alpine Variante V22) ist die Hütte ein begehrtes Etappenziel.

Vor allem die E5-Karawanen, die von Oberstdorf losgezogen sind und an ihrem zweiten Abend vor dem Monsterabstieg nach Zams hier auftanken, füllen im Sommer das Haus mit schöner Regelmäßigkeit.

Glücklicherweise haben sich die Allgäuer Bergschulen darauf eingestellt und starten ihre E5-Wanderführungen nicht alle am Sonntag sondern an mehreren verschiedenen Wochentagen.

Anton Spiehlers Traum von 1886, Bergsteigern einen Bleibe in den wilden Lechtaler Bergen zu schaffen, hat sich jedenfalls schön erfüllt – wurde aber für seine Nachfolger zeitweise zum Alptraum. Doch sie nehmen die Aufgabe an, das Erbe in die Zukunft zu tragen, hier auf dem südlichsten Außenposten der Stadt Memmingen.